Für manche IT-Projekte bezweifeln Unternehmer, dass sich das rechnet. Lesen Sie hier, wie Sie die Wirtschaftlichkeit Ihres IT-Projekts bewerten können.
Wirtschaftlichkeit: Wann rechnet sich ein IT-Projekt?
Wie bei anderen Investitionen auch rechnet sich eine IT-Lösung dann, wenn der Nutzen größer als die Kosten sind. Schwierig ist diese Bewertung deshalb, weil nicht nur monetäre Kriterien dabei eine Rolle spielen.
Nicht-monetäre Ziele für ein IT-Projekt können sein:
- Reduktion des Arbeitsaufwands und/oder der Durchlaufzeit für einen Prozess
- Gesteigerte Zufriedenheit der Kunden, Erhöhung der Anzahl der wiederkehrenden Kunden (Stammkunden)
- Gesteigerte Zufriedenheit der Mitarbeiter, Erhöhung der Attraktivität des Unternehmens für Bewerber
- Erhöhung des Markenwertes eines Unternehmens, sonstiger Marketing-Nutzen
- Reduktion von Risiken durch Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. des Schadensausmaßes
Die monetären Nutzen sind:
- Mehr Umsatz
- Reduzierter Material- und Personaleinsatz
- Einsparungen in den Betriebskosten
Mit Gesamtkosten für die geplante IT-Lösung sind alle Kosten für die Implementierung, den Betrieb und die laufende Anpassung über den gesamten Nutzungszeitraum gemeint.
Zweitnutzen sind die positiven Nebenprodukte eines IT-Projekts, wie z.B.:
- Erfahrungen wurden gesammelt, welche für die Organisation weiter nützlich sind
- Energetisierung des Unternehmens (Ausbruch aus dem „immer gleich“)
- Medienpräsenz durch Bericht über ein interessantes Projekt in einer Fachzeitschrift
Was wird bewertet
IT-Projekt zur Effizienzsteigerung, Einsatz bewährter Technologie
In IT-Projekten zur Effizienzsteigerung (Digitalisierungsprojekte) setzen KMU meistens auf bewährte Technologie, z.B.:
- Implementierung einer bereits am Markt befindlichen IT-Lösung
- Best Practices zur Implementierung sind vorhanden
- Zur Implementierung werden Experten mit Erfahrungen aus ähnlichen Projekten engagiert
- Der Liefervertrag wurde zum Fixpreis vereinbart
- Keine hohen Projektrisiken absehbar
- Anpassung bzw. Erweiterung einer vorhandenen IT-Lösung
- Erfahrungen mit der IT-Lösung und dem Lieferanten bzw. Support-Partner sind vorhanden
- Die Kosten für die Anpassung sind gut abschätzbar
- Keine hohen Projektrisiken absehbar
- Für das Projekt können konkrete Ziele genannt werden
- Die erwünschte Effizienzsteigerung kann mit konkreten Zielen formuliert werden
Trifft das Ihr IT-Projekt zu, dann haben Sie damit auch fundierte Daten für eine aussagekräftige Wirtschaftlichkeitsbewertung.
Sind die oben genannten Kriterien nicht erfüllt, dann handelt es sich um ein Entwicklungsprojekt.
Entwicklungsprojekt, neue Technologie
Ein Entwicklungsprojekt zeichnet sich dadurch aus, dass
- die gewünschte Lösung noch nicht am Markt existiert
- wenig oder keine Erfahrungen mit der eingesetzten Technologie vorhanden sind
- keine konkreten Ziele für das IT-Projekt formuliert werden können
Durch die fehlende Erfahrung können die Aufwände für das Entwicklungsprojekt nur grob geschätzt werden. Damit kommt es oft zu einer massiven Überschreitung von Kosten und Projektlaufzeit. Ebenso besteht ein erhebliches Risiko, dass die inhaltlichen Ziele nicht erreicht werden (Lösung ist nicht machbar, Nutzen tritt nicht ein).
Die Aussagekraft einer Wirtschaftlichkeitsbewertung für Entwicklungsprojekt ist gering, da fundierte Daten fehlen.
Methoden zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit
Fundierte Daten zur Investition sind vorhanden
Zur Wirtschaftlichkeitsbewertung erstellen Sie am besten einen Business Case um Kosten, Nutzen und Risiken des IT-Projekts zu vergleichen.
Es gibt mehrere betriebswirtschaftliche Methoden zur Bewertung von Investitionen (Investitionsrechnung) welche sich auf quantitative/monetäre Faktoren fokussieren. Dabei sind die Methoden mit einer kalkulatorischen Verzinsung (Kapitalwertmethode, interne Zinsfußmethode) für die Bewertung von IT-Lösungen mit langer Nutzungsdauer besser geeignet.
Keine fundierten Daten vorhanden (Entwicklungsprojekt)
Eine Wirtschaftlichkeitsbewertung vor der Umsetzung eines Entwicklungsprojekts ist nicht mehr als eine Schätzung.
Daher gehen Sie am besten so vor:
- Erstellung eines Business Planes (alternativ kann auch ein Business Case erstellt werden)
- Für die Entwicklung die Kunden, den Nutzen, die Partner und die Rahmenbedingungen konkretisieren (Geschäftsmodell)
- (Leuchtturm-) Ziele für die Entwicklung definieren
- Die wesentlichen Risiken identifizieren
- Das Projektbudget unter der Annahme eines Totalausfalles definieren
- Den Business Plan knapp halten und sich nicht in Details verlieren (10-20 Seiten sind genug)
- Iterative Vorgangsweise in der Umsetzung
- Kleine Schritte mit sofortiger Überprüfung der Wirkung
- Einsatz einer agilen Entwicklungsmethode (z.B. Scrum, Design Thinking).
Konsequenzen aus der Bewertung
Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.
Karl Valentin, Mark Twain, Niels Bohr
Die Wirtschaftlichkeitsbewertung hat den Zweck, die Entscheidung für die Umsetzung des Projekts zu erleichtern. Dennoch bleibt es eine Entscheidung unter Unsicherheit, da falsche Annahmen oder falsche Daten die Bewertung verfälschen.
Kurz gesagt: Berücksichtigen Sie die Wirtschaftlichkeitsbewertung in Ihrer Entscheidung, aber mit gesunder Skepsis.
Um das Risiko von falschen Daten oder Annahmen in der Bewertung zu reduzieren, können Sie Best/Worst/Realistic Case Szenarien betrachten (siehe auch Business Case Szenarien).
Bewertung ist positiv – Wirtschaftlichkeit ist gegeben
Prüfen Sie nochmals die Grundlagen (Annahmen, Daten) für die Bewertung. Sind diese nach wie vor gültig und die Bewertung ist positiv, dann spricht einer Umsetzung des IT-Projekts nichts entgegen.
Bewertung ist negativ – Wirtschaftlichkeit ist nicht gegeben
Hier ein paar Optionen für die weitere Vorgangsweise, falls die Bewertung negativ ausfällt.
Start am anderen Ende
Was Sie mit Wirtschaftlichkeitsbewertung bisher festgestellt haben ist, dass das IT-Projekt zu diesen Kosten sich nicht rechnet.
Drehen Sie nun den Spieß um und definieren Sie ein Budget, mit dem sich das IT-Projekt rechnen würde. Ausgangspunkt dafür ist der evaluierte Nutzen.
Da Sie damit vermutlich den Projektauftrag massiv verändern, sollten Sie alle bisherigen Ergebnisse überarbeiten. Ziel muss dabei bleiben, eine sinnvolle Lösung zu implementieren (z.B. Effizienzsteigerung ist machbar, Geschäftsmodell wird unterstützt).
Dabei könnte folgendes rauskommen:
- Eine abgespeckte, aber immer noch sinnvolle Lösung ist mit dem reduzierten Budget machbar
- Damit haben Sie eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung zur Umsetzung
- Mit diesem Budget ist keine sinnvolle Lösung machbar
- Legen Sie das Projekt auf Eis oder alternativ können Sie einen „Versuch“ damit machen.
Lösung abspecken
Ein paar Ideen für Maßnahmen, mit denen Sie die Wirtschaftlichkeit des IT-Projekts verbessern können:
- Die Anforderungen an die IT-Lösung auf das unbedingt Notwendige reduzieren
- Kostentreiber in den Projekt-Zielen und Rahmenbedingungen reduzieren
- Mehr Risiken im Projekt übernehmen (z.B. Pönalen streichen)
- Mehr Leistungen zur Implementierung übernehmen (eigene Ressourcen sind in der Regel billiger als Externe)
Organisatorische Lösungen suchen
Viele Probleme können mit organisatorischen Maßnahmen gemildert oder gar behoben werden. Damit sparen Sie sich das IT-Projekt ggf. zur Gänze, müssen jedoch etwas in die organisatorische Änderung investieren.
Ein guter Start dafür ist eine Geschäftsprozessanalyse.
Kosten aufteilen, Kooperationen
Eventuell gibt es die Möglichkeit einer (internen oder externen) Kooperation, womit das IT-Projekt von mehreren Parteien finanziert wird.
Damit verbunden ist allerdings, dass alle Parteien auch einen Nutzen aus dem Projekt ziehen wollen. Die IT-Lösung und das Projekt werden in Folge komplexer und kostenintensiver, was die Vorteile wieder zunichtemachen kann.
Förderungen nutzen
Prüfen Sie, ob für Sie für das IT-Projekte eine öffentliche Förderung in Anspruch nehmen können (Innovation, Forschung, Digitalisierung usw.).
Förderberatung bieten Bund, Wirtschaftskammern/Interessengemeinschaften und manche Banken, z.B.:
- WKO Förderfinder (Österreich)
- Bund Förderberatung (Deutschland)
- KMU Verband Förderprogramme (Schweiz)
Der Versuch
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie das IT-Projekt nicht einfach so versenken wollen, dann können Sie einen „Versuch“ starten, um Erfahrungen zu sammeln:
- Definieren Sie, was mit dem Versuch erreicht werden soll (abgespeckte Ziele)
- Grenzen Sie Budget und Laufzeit so weit ein, dass Sie den Worst Case (der Versuch bringt keinen Nutzen) verkraften können
- Führen Sie den Versuch trotzdem als Projekt durch, damit dieser im Alltagsgeschäft nicht untergeht.